Wir sprechen bei der sozialrechtlichen Zuordnung von mehreren wichtigen Dingen bzw. sie sind für mehrere Dinge wichtig.
Einmal geht es um den Schwerbehindertenausweis. Meistens beantragt man diesen nach der Diagnose so ziemlich als erstes. Das macht Sinn, auch wenn er nicht zwingend benötigt wird, so wird er oft gefragt und er hat natürlich einen Einfluss auf Anträge, auch wenn das offiziell keine Voraussetzung ist. Es ist natürlich klar, dass es je nach Bemessung des Versorgungsamtes, z.B. der Krankenkasse, Schulbehörde…... usw. ein Wegweiser ist, bei ihrer Bemessung.
Denn es ist das einzige Dokument das wir haben, um eine Behinderung und ihre Auswirkungen, nachzuweisen.
Wir brauchen die sozialrechtliche Zuordnung also für den SBA, um einen I-Status für die Kita zu bekommen, um in eine I. Klasse zu kommen (hier wird dann noch der so genannte Förderschwerpunkt erstellt und beides ergibt dann Schulrechtliche Beschlüsse).
Immer wieder geht das an Eltern vorbei und sie wissen es nicht. Oder es wurde ohne sie entschieden. Dabei wird früh der Grundstock gelegt und es ist wichtig, ganz am Anfang so viel wie möglich einzureichen .
Dann gibt es noch die Leistungen der Eingliederungshilfe, die sich bei Autismus in SGB VIII und SGB IX verteilen. Siehe Eingliederungshilfe. Auf alle Fälle kann es Probleme und Schwierigkeiten geben, wenn durch zu wenige Unterlagen oder zu wenig umfangreiche Unterlagen falsch zugeordnet werden. Man kann es ändern, aber es ist kompliziert, weil es in der Regel Auswirkungen hat.
§ 2 SGB IX Begriffsbestimmungen
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung, ohne die Gleichstellung, einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Eine Behinderung wird im Sozialrecht genau definiert: wenn der Körper oder Gesundheitszustand abweicht von dem, was für das Lebensalter typisch ist und im Zusammenspiel mit bestimmten Barrieren deshalb die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft für wahrscheinlich mehr als 6 Monate beeinträchtigt ist. Hat das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten einen Grad der Behinderung (GdB) festgestellt, können Vergünstigungen und Nachteilsausgleiche in Anspruch genommen werden, viele aber erst ab einem GdB von 50 (Schwerbehinderung). Nur Menschen mit Schwerbehinderung bekommen einen Schwerbehindertenausweis.
Die Leistungen für Menschen mit Behinderungen sind v.a. im Sozialgesetzbuch Nr. 9 (SGB IX) "Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen" geregelt. Zum Thema Schwerbehinderung gibt es einen eigenen Bereich .
Die SOZIALRECHTLICHE Zuordnung
Bei Kindern und Jugendlichen im Autismus-Spektrum ist die sozialrechtliche Zuordnung besonders schwierig. Autistische Menschen können seelisch, geistig und körperlich behindert sein. Wenn mehrere Arten von Behinderung zutreffen, spricht man von einer Mehrfachbehinderung.
Das Autismus-Spektrum zählt nach ICD 10 als Entwicklungsstörung, zu den psychischer Störungen. Entsprechend gilt Autismus als seelische Behinderung, im Sinne des Sozialgesetzes.
Wenn bei einer autistischen Person eine sogenannte geistige Behinderung festgestellt wird, gilt sie als mehrfachbehindert: seelisch und geistig.
Wenn eine autistische Person nicht oder nur eingeschränkt sprechen kann, gilt sie als mehrfachbehindert, nämlich seelisch und körperlich.
Denn nach § 1 Abs. 6 der Eingliederungshilfe-Verordnung zählen zum Kreis der Körperbehinderten:
Personen, die nicht sprechen können, Seelentauben und Hörstummen, Personen mit erheblichen Stimmstörungen sowie Personen, die stark stammeln, stark stottern oder deren Sprache stark unartikuliert ist.
Ausgeprägte Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen können mit einer Sinnesbehinderung (wesentlichen Seh- oder Hörbehinderung) gleichgestellt werden. Diese gilt ebenso als körperliche Behinderung
Sehr viele Kinder haben vor der Autismus Diagnose schon andere Diagnosen. Etwa körperliche Entwicklungsstörung/Verzögerung. Sehr viele haben Muskuläre Probleme. Die Sprache ist zum großen Teil betroffen. Die Autismus Diagnose mit Ihren Wahrnehmungsbesonderheiten kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Im Laufe der Zeit, wird alles sichtbarer. Das liegt in erster Linie daran, dass die anderen Kinder viel schneller und weiter sind in ihrer Entwicklung.
Es gibt 2 Zuordnungsmöglichkeiten:
Für rein seelisch behinderte oder von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche, wird Eingliederungshilfe, nach dem Kinder- und Jugendhilferecht, geleistet, §§ 10 Abs. 4 Satz 1, 35 a SGB VIII.
Für körperlich oder geistig behinderte Kinder und Jugendliche, ist nach § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, das Recht der Sozialhilfe nach dem SGB XII anzuwenden.
Für beide Arten der Eingliederungshilfe, gilt die Eingliederungshilfe-Verordnung nach § 60 SGB XII.
Achtung! Wichtig:
Wenn Jugendhilfeleistungen mit gleichartigen Leistungen der Eingliederungshilfe für körperlich oder geistig behinderte Kinder konkurrieren, dann greift nach § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII, ein Vorrang der Sozialhilfe.
ICF:
Diese Bereiche oder Teilbereiche müssen betroffen sein, um eine Zuordnung bestimmen zu können.
Eine Autismus Diagnose bedeutet immer (!) eine Beeinträchtigung dieser Bereiche!
• Lernen und Wissensanwendung
• Allgemeine Aufgaben und Anforderungen
• Kommunikation
• Mobilität
• Selbstversorgung
• Häusliches Leben
• Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen
• Bedeutende Lebensbereiche
• Gemeinschafts-, soziales- und staatsbürgerliches Leben
§ 99 SGB IX steht für die Leistungsberechtigung:
(1) Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 und 2, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles,Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90 erfüllt werden kann.
(2) Von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind Menschen, bei denen der Eintritt einer wesentlichen Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
(3) Menschen mit anderen geistigen, seelischen, körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigungen, durch die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind, können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.
(4) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates,Bestimmungen über die Konkretisierung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe, erlassen. Bis zum Inkrafttreten einer nach Satz 1 erlassenen Rechtsverordnung gelten die §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung entsprechend.
In der Eingliederungshilfe-Verordnung sind unterschiedliche Bereiche benannt:
a) körperlich wesentliche Behinderung, § 1 EinglHVO
aa) cerebralen Bewegungsstörungen und cerebralen Anfallsleiden, § 1 Ziff. 1
bb) Bei der ausgeprägten Störung der Wahrnehmung können die Beeinträchtigungen mit denen einer Sinnesbehinderung (wesentlichen Seh- oder Hörbehinderung) gleichgesetzt werden, § 1 Ziff. 4 und 5
cc) Störungen der Sprache bis hin zur Sprachlosigkeit, § 1 Ziff. 6
b) IQ unter 70: geistig wesentliche Behinderung, § 2 EinglHVO
c) seelisch wesentliche Behinderung, § 3 EinglHVO
Die sozialrechtliche Zuordnung autistischer Störungen ist in der Praxis der Leistungsträger oft schwierig bis problematisch. Es darf nicht nur um die benannte Diagnose gehen, sondern die Einschränkung der Teilhabe muss maßgeblich sein!
Meistens wird aber folgender Maßen entschieden :
Bei Vorliegen des Asperger-Syndroms nach dem SGB VIII vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 35a SGB VIII.
Bei frühkindlichem Autismus SGB XII vgl. § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII i. V. m. §§ 53 ff SGB XII.
Kommen weitere Einschränkungen, Erkrankungen etc. dazu, siehe oben!
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