Der Weg zur Diagnose


Der Weg zur Diagnose…


Der Weg zur Diagnose hört sich zwar simpel an, ist es aber nicht: 

  

Umso weniger entsprechende Fachgruppen Erfahrung haben, umso hochfunktionaler ein Kind ist, bzw. umso besser es kompensieren kann, desto unwahrscheinlicher wird die Diagnose schnell gestellt. Eltern müssen oft mehr wie einen Facharzt aufsuchen.                                 Das heißt: viele Termine für das Kind!

  

Es gibt allgemein zu wenige Mediziner/Therapeuten mit Fachwissen. Darüber hinaus gibt es oft komorbide Erkrankungen, die über die Jahre immer schlimmer werden können und essomit komplexer machen.  

Solche komplexen Situationen sind nur mit viel Zeit und langjährigem Fachwissen überschaubar.  

Ergo, Logo, Physio und Autismus-Therapie gibt es auch noch und da ist es ebenso schwierig jemanden mit Erfahrung zu bekommen. Der Beginn ist der Kinderarzt. Nur wenn dieser erkennt, das Auffälligkeiten vorhanden sind, gibt es eine Überweisung an ein SPZ. Möglich ist es auch, neben dem Kinderarzt, direkt einen Kinder- und Jugendpsychiater bzw. eine Fachambulanz aufzusuchen.  

Ewig lange Wartezeiten bis zu einem Ersttermin, oft Monate, sind normal. Erst danach startet die Diagnostik. Auch hierfür ist mit ca. 6 weiteren Monaten zu rechnen. So dauert es im Schnitt 1 Jahr vom Verdacht bis zur Diagnose. In der gesamten Zeit, hat die Familie keine Hilfe. 

Wir raten dringend dazu, sich einer Selbsthilfegruppe, Organisation etc. anzuschließen. Dort kennt man die Stellen zur Diagnostik. Aber vor allem, wird man direkt begleitet durch Menschen, die Autismus kennen - mit all seinen schönen, wie schwierigen Seiten. 

Ideal ist es, wenn man gleich zu Beginn einen Ansprechpartner hat mit langjährigem Wissen. Das gelingt nur über erfahrene Menschen. Denn es steht nirgendwo Arzt X, Kliniken Y, SPZ Z hat viel Erfahrung mit Autismus. Das aber ist wichtig. 

  

Hat man die Diagnostik geschafft, geht das Warten auf die schriftliche Diagnose los. Erst mitdieser, kann man aktiv werden und entsprechende Anträge stellen.  

 

Was ist für die Diagnostik RELEVANT?

 

Im Klassifikationssystem DSM-V, hat man eine Differenzierung in Unterformen weitgehend aufgegeben und spricht ‘nur noch’ zusammenfassend von der Diagnose einer Autismus-Spektrums-Störung 

Im System der WHO, dem ICD-10, werden die Unterformen aktuell noch getrennt innerhalb der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (F84) beschrieben. 

Kernsymptome, so genannte Trias, bei allen Unterformen mit Erstmanifestation in der Kindheit sind:  

  

- Eine qualitative Beeinträchtigung im sozialen Verständnis und der sozialen Interaktion 

- Abweichende Kommunikationsmuster 

- Eingeschränktes, stereotypes und repetitives Repertoire an Handlungs- oder Bewegungsmuster, Interessen oder Vorlieben 

 

 

 Begleitsymptome in folgenden Bereichen: 

 

- Aufmerksamkeitsdefizite (Aufmerksamkeitsdefizite und Konzentrationsstörung; auch als komorbide ADHS möglich) 

- Zwänge bis zu einem gewissen Punkt, sind Bestandteil der Diagnose  

- Störung der Emotionsregulation (Emotionsausbrüche bis hin zu Auto- und Fremdaggression) 

- Schlafstörungen (gestörte Schlafarchitektur, z.B. vermehrter REM-Schlaf) 

- Auffälligkeiten im Essverhalten (eigentümliche Essrituale, restriktives Essverhalten) 

- Abweichungen in der Motorik (mot. Unbeholfenheit, Manierismen, Tics) 

- Sensorik (Hypersensorik: Abneigung gegenüber taktile, olfaktorische, nozizeptorische Reize oder Thermorezeption; intensive Detailwahrnehmung) 

  

  

Frühkindlicher Autismus (ICD-10 F84.0) 

  

Charakterisiert durch eine abnorme oder beeinträchtigte Entwicklung, welche sich zwingend vor dem dritten Lebensjahr manifestiert( deutlich wird) , angeboren ist und Auffälligkeiten in den Kernsymptomen aufweist. Die Entwicklungsstörung äußert sich oft auf verbaler sowie motorischer Ebene und in ¾ aller Fälle ist eine (deutliche) Intelligenzminderung vorhanden. 

Neben diesen spezifischen diagnostischen Merkmalen, zeigt sich eine Vielzahl unspezifischer Probleme, wie Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche, Zwänge und (autodestruktive) Aggression.  

Das Syndrom kann in jedem Alter diagnostiziert werden, sofern Auffälligkeiten in der Entwicklung in den ersten drei Lebensjahren vorhanden gewesen sind. 

  

Atypischer Autismus (ICD-10 F84.1) 

  

Charakterisiert durch eine abnorme oder beeinträchtigte Entwicklung, welche sich erst nach dem dritten Lebensjahr manifestiert oder nicht alle Kriterien der Kernsymptome erfüllt 

Atypischer Autismus tritt sehr häufig bei schwer retardierten bzw. unter einer schweren rezeptiven Störung der Sprachentwicklung leidenden Patienten auf. 

  

Asperger-Syndrom (ICD-10 F84.5) 

  

Charakterisiert durch eine abnorme oder beeinträchtigte Entwicklung, welche sich im Kindesalter nach dem 3.Lebensjahr manifestiert und  die Kriterien der Kernsymptome erfüllt, jedoch ohne fehlende allgemeine Entwicklungsverzögerung bzw. den fehlenden Entwicklungsrückstand der Sprache und der kognitiven Entwicklung (i.d.R. normaler bis hoher IQ!)

Die Störung geht häufig mit einer auffallenden Ungeschicklichkeit einher. Die Abweichungen tendieren stark dazu, bis in die Adoleszenz und das Erwachsenenalter zu persistieren. Gelegentlich treten psychotische Episoden im frühen Erwachsenenleben auf. 

  

Die Ursachen für Autismus sind bisher nicht völlig entschlüsselt. 

Es gibt jedoch eine deutliche genetische Komponente.  

Autismus ist keine Krankheit. Autismus ist eine Behinderung, die Hilfe nötig macht. 

Es ist von großer Bedeutung, dass Menschen mit Autismus so angenommen werden, wie sie sind. 

Aufgrund ihrer Einschränkungen benötigen viele Autisten und deren Familien dauerhaft  Hilfe und Unterstützung. Es ist wichtig, dass diese Hilfen schon früh und unkompliziert zur Verfügung stehen.

 




Das Leben nach der Diagnose, wie geht es weiter ein Leben lang……


Das große med. Problem: es gibt wenige Stellen für eine gute schnelle Versorgung ganz gleich für welche Ausprägung oder welches Alter. 

Einige Familien sind in Sozialpädiatrischen Zentren, kurz SPZ. Andere bei Psychiatern, Neurologen oder Kinderärzten.  

Mediziner zu finden, die sich auskennen, ist schwierig. 

Es braucht immer einen niedergelassenen KJP, zu dem man regelmäßig geht - heißt alle 3-6 Monate. Möglich sind auch die Fachambulanzen oder das SPZ. In den Fachambulanzen ist aber so ein Andrang, das diese um jeden froh sind, der nach der Diagnostik zu einem niedergelassenen KJP geht. 

Hat man also eine niedergelassene Stelle, ist das super. So muss man nicht wieder wechseln. Denn man muss auch bedenken, das mit dieser Diagnose ein Arzt- oder Praxiswechsel problematisch sein können.  

Es ist für Familien mit einem komplex behinderten Kind sehr wichtig, einen guten Ort zu haben, der langfristig passt. 

Das Schlimmste ist, das man leider zu oft folgende Antwort bekommt: „So einen Fall hatten wir noch nie“. „Eine  Lösung kann ich leider nicht anbieten….“. „Sie sind ein Einzelfall“. … 

  

Ideal wären Zentren die darauf spezialisiert sind. Genau so etwas wollen wir erschaffen.  



Ein paar offene Worte zur Kognitive Behinderung


Immer wieder ist es bei uns Thema: „ist mein Kind kognitiv eingeschränkt ja oder nein“ Wir werden hier die allgemeinen Definitionen  auflisten, dann kann jeder selbst darüber nachdenken. Möchte aber auch unsere Gedanken aufzeigen.

Natürlich gibt es ein großes Spektrum an Autisten , als kognitive eingeschränkt werden die Menschen betrachtet, die in ihrer Teilhabe deutlich eingeschränkt sind. Sie sind zunächst behindert. Sind diese Einschränkungen so groß, dass Kommunikation , Alltag, Selbstversorgung, Lernen eingeschränkt sind, ist die Person auf umfangreiche Hilfe angewiesen. Die Personen haben fast immer einen Pflegegrad 3-5 und einen SBA von 70%-100% und allen Merkzeichen. 

Um es ganz kurz zu machen : 

wenn ihr Kind im Alltag eigenständig klar kommt, also beim Anziehen, Essen, duschen, schlafen, von A nach B kommt, spielen, einkaufen usw kein Problem ist, Sprache, Schule problemlos läuft, eine Ausbildung, Arbeit funktioniert. Wenn all das mit wenig Unterstützung funktioniert, dann ist ihr Kind leicht betroffen. 
Dann hat es keine kognitive Einschränkung und in der Regel braucht es keine großen Unterstützungen. 
Manchmal hat ein Kind auch die ersten Jahre viel Unterstützung, und danach braucht es das nicht mehr. Dann ist das ganz wunderbar und das Kind wurde toll gefördert..

Aber in der Regel wird das Kind mit den Jahren eher auffälliger. Denn zum einen geht die Schere immer weiter auseinander, ab dem Ende der Grundschulzeit wird es deutlicher und deutlicher. Wenn dann noch andere Einschränkungen dazu kommen, äußere Rahmenbedingungen nicht stimmen, wird es schwierig bis unmöglich. Ist dann die Kommunikation auch noch weg, ist die Person massiv eingeschränkt . 

Bei uns geht es um Menschen mit komplexen Behinderungen die alle auf vielfältige Hilfe angewiesen sind, auch unter idealen Bedingungen. 

Offizielle Definitionen:

1. Die Kognition wie auch die kognitive Entwicklung (lateinisch: Kennenlernen, Erkennen) ist die Entwicklung der Wahrnehmung, des Denkens, der Sprache, des Lernens, des Behaltens, des Erinnerns und des Vorstellens.

2. Wenn die kognitiven Fähigkeiten, also die Leistungen des Gehirns, eines Menschen beeinträchtigt sind, wird von einer kognitiven Beeinträchtigung gesprochen.


3. Das bedeutet konkret: Den Personen fällt es schwer, komplexe Informationen zu verstehen, zu lernen, zu planen oder eine Situation zu verallgemeinern. Auch im sprachlichen, motorischen, sozialen und emotionalen Bereich können Entwicklungsverzögerungen auftreten. Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung entwickeln sich langsamer, manche Entwicklungsstufen erreichen sie nie oder Jahre später.

4. In der Definition des Deutschen Bildungsrates von 1973 wurde kognitiv beeinträchtigt beschrieben mit ( diese Definition ist im schulischen Bereich maßgeblich) :

 

„wer infolge einer organisch-genetischen oder anderweitigen Schädigung in seiner psychischen Gesamtentwicklung und seiner Lernfähigkeit so beeinträchtigt ist, dass er voraussichtlich lebenslanger sozialer und pädagogischer Hilfen bedarf“

 

5. Dazu gibt es die Einordnung nach IQ also anhand eines Zahlenwertes. Unter 70 G, 70-80 Grenzgänger ist mit Vorsicht zu betrachten, sie bringt immer wieder große Verwirrung mit sich. Nicht zuletzt weil die Test für Autisten ungeeignet sind zum großen Teil.

 
6. Die kognitive Beeinträchtigung ist eine Behinderung. Genauer gesagt eine kognitive Behinderung.

 

7. Das Alter der Gefühle ! Ist im Autismus Bereich sehr wichtig


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